Schweigen.
Nicholas starrte in die Flammen. Der Journalist beobachtete ihn, suchte nach spuren des ernsten, mutigen Vierzehnjährigen, der einen schrecklichen Preis dafür bezahlen musste, dass er versucht hatte, seinem besten Freund zu helfen. Aber da war nichts. Der Junge von damals war für immer verschwunden, begraben unter der doppelten Last der Verurteilung durch die Öffentlichkeit und eines Lebens voller Sehnsucht und Bedauern.
"Es tut mir Leid", sagte der Journalist leise.
"Was tut Ihnen Leid?"
"Das was Ihnen passiert ist. Sie ertragen mussten. Sie haben davon gesprochen, dass man Monster aus ihnen gemacht hat. Das stimmt. Bevor Sie kamen, hatte ich Angst - Angst, Ihnen gegenüberzutreten. Ich nehme an, in meinem Kopf waren sie das Monster, das die Presse aus Ihnen gemacht hatte. Dann lernte ich Sie kennen und stellte fest, dass Sie auch nur ein Mensch sind."
"Wir sind alle nur Menschen", antwortete Nicholas.
"Was empfinden Sie heute in Bezug auf die anderen?"
"Wie sollte ich denn Ihrer Meinung nach empfinden? Sollte ich sie hassen?"
Nachdem der Journalist einen Moment nachgedacht hatte, nickte er.
"So einfach ist das nicht. Jonathan fehlt mir. Ich träume manchmal von ihm. Von den glücklichen Zeiten, bevor Richard kam und alles zerstörte. Jonathan war ein guter Mensch. Sein einziger Fehler war, dass er sich schwach fühlte. Richard gab ihm das Gefühl stark zu sein."
"Und die anderen?"
"Was die Zwillinge betrifft, fühle ich mich sehr schlecht. Stephen hatte Recht, mich zu hassen. Ich war verantwortlich für Michaels Tod. Natürlich hatte ich es nicht so gewollt, aber ich war verantwortlich. Ich überredete ihn dazu, Stephens Entscheidung zu missachten, und deswegen musste er sterben."
"Und Richard? Was ist mit ihm?"
"Ihn habe ich gehasst. Jetzt hasse ich ihn nicht mehr. Ich hatte inzwischen genug Zeit und Abstand, um einen Blick auf sein Leben und die Dämonen zu werfen, die ihn trieben. Die Dämonen in seinem Kopf Heutzutage hätte er sich ganz anders entwickelt als damals.
Nach dem Tod der Mutter und seiner Reaktion darauf hätten die Leute etwas unternommen. Vor fünfzig Jahren war das noch völlig anders. Alles Schlimme wurde unter den Teppich gekehrt und ignoriert - in der Hoffnung, dass es von selbst verschwinden würde. Die Wunde in Richard begann zu schwären und verwandelte sich in eine unheilbare Krankheit. Keiner von uns war ein Monster. Deswegen waren die von der Polizei ja so irritiert. Sie glaubten die Geschichte, die ich ihnen erzählt hatte, wollten sie aber nicht akzeptieren. Die daraus zu ziehenden Folgerungen waren schrecklich; die Tatsache, dass es überall hätte passieren können. Es war zufällig uns passiert.
Da war es leichter, uns zu Monstern abzustempeln.
Leichter, als die Wahrheit zu sagen."
Das WunschSpiel
Patrick RedMond
GoldMann
"Es tut mir Leid", sagte der Journalist leise.
"Was tut Ihnen Leid?"
"Das was Ihnen passiert ist. Sie ertragen mussten. Sie haben davon gesprochen, dass man Monster aus ihnen gemacht hat. Das stimmt. Bevor Sie kamen, hatte ich Angst - Angst, Ihnen gegenüberzutreten. Ich nehme an, in meinem Kopf waren sie das Monster, das die Presse aus Ihnen gemacht hatte. Dann lernte ich Sie kennen und stellte fest, dass Sie auch nur ein Mensch sind."
"Wir sind alle nur Menschen", antwortete Nicholas.
"Was empfinden Sie heute in Bezug auf die anderen?"
"Wie sollte ich denn Ihrer Meinung nach empfinden? Sollte ich sie hassen?"
Nachdem der Journalist einen Moment nachgedacht hatte, nickte er.
"So einfach ist das nicht. Jonathan fehlt mir. Ich träume manchmal von ihm. Von den glücklichen Zeiten, bevor Richard kam und alles zerstörte. Jonathan war ein guter Mensch. Sein einziger Fehler war, dass er sich schwach fühlte. Richard gab ihm das Gefühl stark zu sein."
"Und die anderen?"
"Was die Zwillinge betrifft, fühle ich mich sehr schlecht. Stephen hatte Recht, mich zu hassen. Ich war verantwortlich für Michaels Tod. Natürlich hatte ich es nicht so gewollt, aber ich war verantwortlich. Ich überredete ihn dazu, Stephens Entscheidung zu missachten, und deswegen musste er sterben."
"Und Richard? Was ist mit ihm?"
"Ihn habe ich gehasst. Jetzt hasse ich ihn nicht mehr. Ich hatte inzwischen genug Zeit und Abstand, um einen Blick auf sein Leben und die Dämonen zu werfen, die ihn trieben. Die Dämonen in seinem Kopf Heutzutage hätte er sich ganz anders entwickelt als damals.
Nach dem Tod der Mutter und seiner Reaktion darauf hätten die Leute etwas unternommen. Vor fünfzig Jahren war das noch völlig anders. Alles Schlimme wurde unter den Teppich gekehrt und ignoriert - in der Hoffnung, dass es von selbst verschwinden würde. Die Wunde in Richard begann zu schwären und verwandelte sich in eine unheilbare Krankheit. Keiner von uns war ein Monster. Deswegen waren die von der Polizei ja so irritiert. Sie glaubten die Geschichte, die ich ihnen erzählt hatte, wollten sie aber nicht akzeptieren. Die daraus zu ziehenden Folgerungen waren schrecklich; die Tatsache, dass es überall hätte passieren können. Es war zufällig uns passiert.
Da war es leichter, uns zu Monstern abzustempeln.
Leichter, als die Wahrheit zu sagen."
Das WunschSpiel
Patrick RedMond
GoldMann
Belleeer - 2013-04-25 10:11